Der Krimi und das ländliche England

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Mit Miss Marple aufs Land

Luise Berg-Ehlers

erschienen 2013 im Elisabeth Sandmann Verlag

ISBN 978-3-938045-77-0

 

Ich muss gestehen, ich liebe den klassischen britischen Kriminalroman. Ein Mord in einem hübschen, kleinen Dörfchen mit ein bißchen Dorfklatsch anbei, ein behagliches Kaminfeuer und eine gute Tasse Tee. Das Ganze nicht zu blutig und vor allem nicht zu actionreich und schon bin ich zufrieden.
Daher lag es nahe, mir diesen wirklich schön aufgemachten Bildband über englische Krimischriftstellerinnen zuzulegen. Unzählige Bilder aus dem idyllischen, ländlichen England, Informationen zu den bekanntesten Reihen, ich dachte, das alles wäre Grund genug.
Es gibt vereinzelte Ausschnitte aus den erwähnten Romanen, die ruhig ein wenig länger hätten sein dürfen, mit Sepiabildern ausgestattete Kurzbiographien und so possierliche Kapitelüberschriften wie „Alltägliches – Zwischen Tearoom und Pub“ oder „Sonntägliches – Es läuten die Glocken“. Dazwischen finden sich Texte über die Eigenheiten der Engländer im Allgemeinen und Besonderen, über typische Mordschauplätze im typischen Krimi, über Cricket und Krocket, über Dorffeste und Kirchgänge.
Schlußendlich sind mir persönlich die Texte zu oberflächlich und die Bilder zu nichtssagend, obwohl nett anzuschauen. Der ganze Band ist darauf ausgerichtet, Leute wie mich anzulocken, was ja auch gelungen ist, bleibt aber letztlich ein Staubfänger auf dem Wohnzimmertisch.
Die Autorin ist allerdings geschickter als ich darin, die Länge ihrer Texte auszudehnen, unverfänglich zu plaudern ohne zu große Langeweile aufkommen zu lassen. Daher wird meine Besprechung heute ungewöhnlich kurz ausfallen, denn mehr will mir zu diesem Buch einfach nicht einfallen. Netter Geschenkband für Bekannte mit einem Faible für Krimis.

Serge Diaghilev

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Diaghilev and the Golden Age of the Ballets Russes 1909-1929

herausgegeben von Jane Pritchard

erschienen 2010 bei V&A Publishing

ISBN 978-1-851-77613-9

 

Jeder Mensch, der sich nur halbwegs mit Ballettgeschichte beschäftigt, dürfte bei diesem Buch Schnappatmung bekommen. Zum einen, weil es ein echter Backstein von einem Bildband ist und wunderbar geeignet, Armmuskeln in Form zu bringen, zum anderen aber, weil es wirklich fast jeden Schnipsel enthält, der von der Hoch-Zeit der Ballets Russes noch zu finden ist. Gestaltet als Begleitband zu einer Ausstellung im Victoria & Albert Museum in London, findet man Bilder von Originalkostümen, Theaterplakaten, Bühnenbildern und dergleichen mehr.

In den ausführlichen Essays geht es dann, wie der Titel schon impliziert, hauptsächlich um Serge Diaghilev und seine Rolle als Impresario und Kunstförderer. Man findet neben den selbstverständlichen Texten zu seiner Herkunft und seinem Lebenslauf auch Analysen seines Verhältnisses zur Kunst, besonders im Bezug auf die Bühnenbilder und Kostüme der Truppe, die u.a. von Leon Bakst, Natalia Goncharova oder Pablo Picasso geschaffen wurden, oder zur Musik: Komponisten wie Strawinsky, Debussy oder Prokofiev schufen Stücke für die Ballets Russes und verdanken Diaghilev große Teile ihres Ruhms. Dieses Gespür für Strömungen, für vielversprechende Talente in allen Formen von Kunst, ist es, was ihn so besonders gemacht hat, ihn abgehoben hat von den anderen Kunstkennern und -förderern seiner Zeit.

Natürlich kann man kein Buch über die Ballets Russes herausbringen, ohne die Tänzer zu benennen, die maßgeblichen Anteil am triumphalen Aufstieg der Truppe hatten. Aber der Tanz selber ist tatsächlich kaum Thema, es geht mehr um die Choreographen und ihren Mut, althergebrachte Regeln zu brechen und Neues zu schaffen, darum, dass den männlichen Tänzern eine andere Rolle zugeteilt wurde, als Ballerinen von rechts nach links zu reichen, dass sogar der männliche Tänzer eher im Mittelpunkt stand als die Damen.

Trotz der vielen Daten und Namen ist das Alles keineswegs trocken geraten, die Essays sind sicherlich auch für jene lesbar, deren Englisch Lücken aufweist, und die Bilder geben einen tiefen Einblick in Diaghilevs Welt. Ich konnte Stunden damit verbringen, mir Details einzelner Kostüme anzusehen und mir ihre Wirkung in Bewegung vorzustellen. Leider gibt von dieser so lebendigen und noch heute das Ballett beeinflussenden Truppe keine Filmaufnahmen. Einzelne Tänzer sind später gefilmt worden oder haben sogar Tanzfilme gedreht, aber für Aufführungen der Ballets Russes unter Diaghilev gilt das nicht. Und so bleiben eben nur Bilder, um eine Vorstellung davon zu bekommen, was diese Gruppe von Künstlern ausgemacht hat, die die Ballettwelt so revolutioniert hat.

Ein traumhafter Bildband für Ballettliebhaber und ein schickes Coffeetablebook für die, die es noch werden wollen…

Hunde in der Kunst

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Einige Hunde

Jan Philipp Reemstma

erschienen 2017 im Insel Verlag

ISBN 978-3-458-19432-3

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Für mich sind Bücher aus der Insel-Bücherei ja immer etwas Besonderes. Ganz unabhängig vom Inhalt sind sie einfach schön. Liebevoll gestaltet und anhand der einheitlichen Aufmachung sofort zu erkennen. So auch dieser Band, dessen Anblick sowohl mein Buch- als auch mein Hundeliebhaberherz augenblicklich höher schlagen ließ. Windhunde auf cremefarbenem Hintergrund sind auf dem Einband zu sehen, schlicht und elegant zugleich. Und der Name Reemtsma weckte Erinnerungen.

Über zwanzig Jahre ist es her, ich war gerade aus der westfälischen Provinz nach Hamburg gezogen und hatte meine Mutter zu Besuch da, ihrem ersten, vermute ich, da entdeckten wir im Programm des Schauspielhauses eine Lesung über Arno Schmidt, gehalten von Jan Philipp Reemstma. Meine Mutter, die – mir damals völlig unverständlich, man verzeihe mir, ich war gerade neunzehn – die Texte von Schmidt begeistert las, wollte partout dorthin und ich musste mit. „Musste“ ist vielleicht nicht ganz richtig ausgedrückt. Um ins Schauspielhaus zu kommen, hätte ich mir damals auch einen Vortrag über Traktoren angehört, aber allzu weit davon entfernt war Schmidt für mich nicht.

Es wurde ein wunderbarer Abend. Es war ein kleiner Kreis von Interessenten, der sich dort zusammen gefunden hatte und das Ganze weder eine Lesung, noch ein Vortrag, sondern ein herrlich humorvolles Geplauder mit Auszügen aus Schmidts Texten. Ich war hingerissen von der Art Reemtsmas Wissen zu vermitteln und seiner spürbaren Begeisterung für das Thema.

Nun muss man mich nicht für Hunde begeistern, um zum Thema zurückzukommen, aber ich war wirklich gespannt darauf, was Reemtsma zu Hunden in der Kunst zu verkünden hat. Wer eine komplette Aufzählung mit Bildanalyse oder ähnlichem erwartet, der wird enttäuscht, das sei zu Anfang gleich gesagt. Der Titel „Einige Hunde“ verrät es wohl schon, es geht um eine ganz subjektive Auswahl von Bildern verschiedener Epochen, die der Autor uns vorstellt. Und um die Frage nach der jeweiligen Funktion des oder der Hunde im Bild. Besonders drastisch gestellt zum Beispiel bei Rembrandts „Der barmherzige Samariter“ mit einem, man verzeihe mir, kackenden Hund im Bildvordergrund.

Und wieder gelingt es Herrn Reemstma sein Wissen plaudernd zu vermitteln. Mit Abschweifungen, Einlässen, fließt der Text mäandernd dahin. Allerdings nie den Faden verlierend, es gibt eben so viel Interessantes drumherum zu berichten. Ich kenne diese Art der Wissensvermittlung mit leichter Hand eigentlich nur aus England.Hier in Deutschland werden Sachbücher im allgemeinen ernster, oder soll ich sagen „strenger“,  angegangen. Wie auch immer, es macht Spass das Büchlein zu lesen, dem Autor bei seinen Gedankengängen zu folgen. Hilfreich dabei ist die Qualität der abgedruckten Bilder, bei dem kleinen Format des Buches nicht selbstverständlich.

Ein wunderschöner Band für Hunde- und Kunstfreunde mit einer feinen Auswahl an vorgestellten Bildern und einem interessant zusammengestellten Essay.

 

Ich danke dem Insel Verlag herzlich für das zur Verfügung gestellte Leseexemplar.

 

 

 

Schön aufgemachter Bildband

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Frauen und ihre Hunde

Ulla Fölsing

erschienen 2017 im Thiele Verlag

ISBN 978-3-85179-332-1

erhältlich u. a. hier

 

Mit „Frauen und ihre Hunde“ legt Ulla Fölsing einen wirklich schönen Bildband vor. Es geht dabei um die Kombination Frau/Hund in der Kunst. Die Autorin, selbst Hundehalterin, schreibt regelmäßig über Kunstthemen und scheint mit diesem Buch durchaus eigenes Interessengebiet zu bearbeiten. In zwölf Kapiteln spaziert sie mit dem Leser durch die Kunstgeschichte, vom Codex Manesse um 1300 bis zu Cornelius Völker 1995. Sie zeigt dabei den Wandel des gesellschaftlichen Frauenbildes ebenso, wie auch den Wandel des Hundebildes, vom verschönernden Beiwerk zum Freund und Gefährten.

So lesen wir zum Beispiel über den Einsatz von Hunden auf Hochzeits- oder Herrscherbildern als Wächter über „Tugend, Treue und Status“ (Kapitel 4) oder erfahren etwas über „Die Liebe zum Schosshund“ (Kapitel 5).Im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts dann lassen sich zunehmend Bürgerliche mit ihrem Hund malen. Man sieht romantisch ins Gras gehauchte Damen mit verspieltem Begleiter, lesende Damen mit behaglich angekuscheltem Hund, Kinder und Welpen. Auch in erotischen Bildern, zur Betonung weiblicher Nacktheit und zeitgleich als Verteidiger der Unschuld, werden die Tiere eingebunden.

Auf 160 Seiten bietet das Buch eine stattliche Menge von Bildern aus allen Epochen, zumeist ganzseitig abgedruckt. Erstaunlich für mich war die Anzahl der mir bekannten Bilder, auf denen ich nie einen Hund bewusst wahr genommen habe, so zum Beispiel Jan van Eycks Gemälde der Arnolfini-Hochzeit von 1434, wo sich tatsächlich zwischen den Brautleuten ein kleiner struppiger Hund postiert hat. Insgesamt habe ich viele Stunden mit dem Betrachten des Bildbandes verbracht, habe Altbekanntes wieder entdeckt, mir völlig unbekannte Bilder von gar nicht unbekannten Malern gefunden und mich spontan in die Hundebilder des Skagen-Malers Peder Severin Kroyer verliebt.

Ein weiterer, sehr gelungener Part des Buches ist das Vorwort von Elke Heidenreich. Sie beschreibt ihr Verhältnis zu Hunden, erzählt von den Hunden, die sie im Leben begleiten und begleitet haben und stimmt einen damit gleich schon wunderbar auf das Thema ein.

Ich kann also eine klare Leseempfehlung für Hunde- und Kunstfreunde aussprechen. Wer weder das Eine, noch das Andere ist, hat auf jeden Fall ein ansehnliches Coffee-Table-Book…

Ich danke dem Thiele-Verlag und lovelybooks.de für das mir zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar.