Alchimie einer Mordnacht
John Banville alias Benjamin Black
Aus dem Englischen von Elke Link
erschienen am 04.10.2018 im Verlag Kiepenheuer & Witsch
ISBN 978-3-462-04919-0
Dieser Roman war für mich eines der Must-Reads dieses Herbstes. Zum einen, weil ich historische Krimis sehr mag. Die Mischung aus historischen Begebenheiten und kriminalistischer Spannung ist unschlagbar, wenn gut gemacht. Dazu spielt der Roman in Prag, einer Stadt, die ich wirklich liebe und die geschichtsträchtige Schauplätze für eine ganze Reihe historischer Romane zur Verfügung hätte. Und zum anderen, weil der Autor nun einmal John Banville heißt. Meinetwegen auch „alias Benjamin Black“. John Banville gehört zu den Hochkarätern der irischen Literatur und wenn John Banville einen historischen Krimi veröffentlicht, dann lese ich ihn. Punkt.
Das waren natürlich recht hohe Erwartungen, mit denen ich an das Buch herangegangen bin. Und sie wurden tatsächlich in fast allen Punkten erfüllt. Lebendiger kann man den Hof Rudolfs II. um 1599 gar nicht beschreiben. Es muss Banville ein unbändiges Vergnügen bereitet haben, durch Prags alte Strassen zu streifen, eine Besichtigung von Rudolfs Menagerie zu organisieren, mit Johannes Kepler um die Häuser zu ziehen und im Goldenen Gässchen seine Zelte aufzuschlagen. Er fährt üppig alles auf, was Haus und Hof der damaligen Zeit zu bieten hatten, inclusive der Konkubine des Kaisers. Was dabei ein wenig verloren geht, das ist der Kriminalfall. Ja, es gibt schon recht zügig eine Leiche und bald darauf auch schon die zweite, aber der vom Kaiser mit der Lösung des Falles beauftragte Christian Stern tappst derart naiv durch die Ränke und Intrigen des Hofes, dass er nur deshalb nicht von irgendeinem Ränkeschmied des Lebens beraubt wird, weil der Autor sonst das Sightseeing abbrechen müsste. Zumindest so mein Eindruck. Erstaunlicherweise hat mich das aber wenig gestört, weil ich nämlich so damit beschäftigt war, mir die von Banville heraufbeschworenen Bilder auszumalen, dass ich gar keine Zeit hatte, mich darüber zu wundern. Wer also einen hochspannenden, mit einem zielgerichteten Ermittler ausgestatteten Krimi á la „Commissaire Le Floch“ erwartet, wird diesen Roman schreiend in die Ecke pfeffern. Wer aber bereit ist für eine Reise in die Goldene Stadt zu Zeiten, als es dort noch Alchimisten und Magier zuhauf gab, als man dort noch versuchte, Stroh zu Gold zu spinnen, wer Einblick haben möchte in die Abläufe eines kaiserlichen Hofes, der wird belohnt mit einem farbenprächtigen historischen Roman, geschrieben von einem Wortmagier und Geschichtenerzähler erster Güte.
Wer bis hierher gekommen ist, vermisst nun eventuell eine kleine Inhaltsangabe. Aber gerade die möchte ich hier vermeiden. Und eigentlich geht es sowieso um die prächtige Stadt an der Moldau.
Ich danke Kiepenheuer & Witsch für das zur Verfügung gestellte Leseexemplar.
Das hört sich gut an, ich liebe Prag und Kepler und alles drumherum.
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Dann sollte es tatsächlich passen.Kepler ist aber nur eine Nebenfigur, nicht, dass ich falsche Hoffnungen geweckt habe…
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Vielen Dank für diesen Tipp. Irgendwie ist mir dieser Titel bisher entgangen, jetzt kommt er sofort auf die Liste!
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Wußtest Du, dass er als Benjamin Black Krimis veröffentlicht? An mir ist das völlig vorbei gegangen…
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Ja, das hab ich gewusst. Da warten noch ein oder zwei auf meinem SuB… Aber Alchimie einer Mordnacht wird jetzt mal vorgereiht. Hab gerade den englischen Titel gegoogelt: Wolf on a String.
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Da habe ich gar nicht drauf geachtet, aber wie das meistens so der Fall ist, passt der Originaltitel deutlich besser…
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… und scheinbar gibt es auch noch einen zweiten Titel: Prague Nights. Wahrscheinlich haben sich die britischen und amerikanischen PR-Genies wieder einmal nicht einigen können.
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Ich bin für „Wolf on a string“. Der macht nämlich Sinn. Es könnte ja auch sein, dass der Autor sich was dabei gedacht hat. Soll ja schon vorgekommen sein.
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