Die Spionin
Paulo Coelho
Aus dem Brasilianischen von Maralde Meyer-Minnemann
erschienen 2017 im Diogenes Verlag
ISBN 978-3-257-24410-6
Nun also zum ersten Mal Paulo Coelho. Trotz des hohen Bekanntheitsgrades habe ich mich nie durchringen können, ein Buch dieses Autors zu lesen. Und das eigentlich ohne Grund. Hohe Auflagenzahlen und das Erscheinen im Diogenes Verlag sprechen eigentlich für sich.
Bei diesem Roman hat mich das Bild auf dem Umschlag gleich angezogen. Es zeigt das Sepiabild einer Frau in orientalisch anmutendem Kostüm. Der Klappentext verrät, es geht um Mata Hari, die deutsche Tänzerin, um deren Tätigkeit als Spionin im Ersten Weltkrieg sich Legenden gebildet haben. Ein Thema, für das ich mich, schon weil ich selbst Tänzerin war, durchaus interessiere.
Mit Aufschlagen des Buches begann eine tour d’horreur, wie ich sie schon lange nicht mehr erlebt habe. Der Roman beginnt mit der Erschießung Mata Haris durch ein französisches Kommando, die der Autor genüßlich langsam und reißerisch ausbreitet. Ich hatte schnell das Gefühl, mich in einem drittklassigen Groschenheftchen zu befinden. Und dieses Gefühl hat mich bis zum Schluß nicht verlassen. In Ermangelung anderer Lektüre zu diesem Zeitpunkt, habe ich das unsägliche Machwerk nicht aus dem Zugfenster gepfeffert, obwohl mein Handgelenk so manches Mal verlangend zuckte. Hölzerne Dialoge, platte esoterische Sentenzen, leblose Charaktere. Das Ganze wirkt wie aus vorgefertigten Versatzstücken lieblos zusammengesetzt, nach Erfolgsrezept angerührt: ein bißchen Drama, ein bißchen aufgesetzte Lebensweisheit, ein bißchen Sex und Tragödie und ein bißchen Vergewaltigung. Das Alles oberflächlich zusammen gemischt, nur bloß nicht tiefere Schichten ankratzen, und fertig ist der Bestseller.
Unfassbarerweise geht die Rechnung tatsächlich auf, der Roman wird teilweise hymnisch gelobt. Ich konnte nach Zuklappen des Buches nur höchst ärgerlich mit dem Kopf schütteln und beschließen, dass es bei diesem einen Coelho bleiben wird. Wenn ich so etwas lesen möchte, greife ich tatsächlich lieber zu einem Groschenheft, als mir dieses in den Mantel der Literatur gewandete Geschreibsel anzutun.
Den Grad meines Unwillens kann jeder ermessen, der weiß, dass Verrisse nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen zählen. Daher noch einmal die gemäßigte Variante: Ich mag dieses Buch nicht, keine einzige Seite davon. Aber ich gönne den Coelho-Fans natürlich trotzdem ihren Spass.
Weitere Meinungen zu diesem Buch:
Bücher vom Mars https://buechervommars.wordpress.com/2017/09/28/paulo-coelho-die-spionin/
Livricieux https://livricieux.wordpress.com/2017/05/29/quicktipp-die-spionin-von-paulo-coelho/
Ich glaube jeder muss mal einen Coelho lesen um glauben zu können, dass es genau so ein Schund ist, wie die behaupten, die die Tortour schon hinter sich haben 😉
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😀 Offensichtlich. Lange habe ich mich verweigert und recht hatte ich damit. Aber nun kann ich dieses recht haben auch begründen. Durch Leiden errungenes Wissen…
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Ich hab das Anfang des Studiums hinter mich gebracht mit gleich 3 Büchern dieses gefeierten Autors…
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Drei??? Freiwillig?
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Naja, „Der Alchemist“ hätte ein Ausrutscher sein können, also las ich noch „Der Zahir“. Und eine ansonsten recht geschmackssichere Freundin empfahl mir dieses Veronikabuch. Dann reichte es mir.
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Da bin ich ja direkt glücklich, dass „Die Spionin“ so abschreckend war, dass ich nicht einmal in Versuchung komme, noch eins anzulesen…
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Ich kann dich gut verstehen. Eine Freundin von mir liebt seine Bücher. Da wurde ich neugierig. Nachdem ich Veronika mochte, habe ich vor einigen Jahren Elf Minuten gelesen. Was ein verschwurbelter Schrott und ebenfalls ärgerlich. 😉
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Es beruhigt mich schon ein bisschen, dass ihr alle das auch so seht…
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Hi, hi, ich finde das sehr lustig. Ich hab vor vielen Jahren Der Alchemist gelesen, und das Buch hat zu diesem Zeitpunkt perfekt für mich gepasst, weshalb mir das simple Strickmuster nicht aufgestoßen ist. Dann hab ich noch in den einen oder anderen Coelho hineingelesen und immer das Gefühl gehabt, dass die selbe Grundstruktur wieder und wieder und wieder …
Zurzeit lese ich gerade Hardcore-ChickLit, und das ist immer noch besser (und vor allem unterhaltsamer) als dieser pseudointellektuelle Kitsch. Aber na ja, auch Diogenes braucht eine Cashcow.
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Das heisst, das Ganze lebt nur von seinem Ruf, ein paar echten Fans und den Ausprobierern? 😉
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Genau! Es klingt jetzt vielleicht ein bisschen elitär, aber ich denke, es gibt eben nicht nur anspruchsvolle Leser*innen. Für viele reicht die Feelgood-Message. (Aus demselben Grund lese ich auch ChickLit – muss nur sprachlich erträglich sein.) Das ist auch vollkommen in Ordnung, man kann den nächsten Coelho ja auch einfach nicht lesen und sich freuen, dass die Verkaufszahlen dem Buchhandel gut tun.
Schönen Sonntag und liebe Grüße
Niamh
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Liebe Frau Lehmann, da bin ich ganz bei Ihnen, leider. Zur Rehabilition des Herrn Coelho empfehle ich Ihnen die Lektüre von „Veronika beschließt zu sterben“. Möge die Mata Hari weiterhin die Massen erfreuen 🙂
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Ich werde Ihren Tip im Hinterkopf behalten, sollte mich noch einmal das Bedürfnis überkommen, Coelho zu lesen….
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