Was für ein Theater!

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Eine leichte Komödie

Eduardo Mendoza

Aus dem Spanischen von Peter Schwaar

erschienen 1998 im Suhrkamp Verlag

ISBN 351841002-4

 

Der 1943 in Barcelona geborene Eduardo Mendoza ist einer der bekannteren Schriftsteller Spaniens. Als sein größter Erfolg gilt der Roman „Die Stadt der Wunder“, im Grunde ein Buch über Barcelona zwischen 1888 und 1929. Mendoza beschäftigt sich in seinem Werk vornehmlich mit der Zeit des Franco-Regimes und den Auswirkungen auf Land und Menschen.
In „Eine leichte Komödie“ geht es um den alternden Frauenheld und Komödienschreiber Prullas, einen Menschen, der offensichtlich sich selbst ins Zentrum seiner Welt gesetzt hat. Reich verheiratet und somit bar aller drängenden Sorgen, lebt er vergnügt vor sich hin, nimmt es mit der ehelichen Treue nicht allzu ernst und labt sich am Erfolg seiner Bühnenstücke. Die werden traditionell von seinem Jugendfreund Gaudet inszeniert und mit immer derselben Darstellerin in der Hauptrolle aufgeführt. So vergeht die Zeit und unbemerkt von Prullas geraten seine Komödien aus der Mode und seine Freunde entwickeln andere Interessen. Als ein Theatermäzen, mit dem er sich eine Liebschaft geteilt hat, ermordet aufgefunden wird und er unter Hauptverdacht gerät, rüttelt ihn das für eine Zeit auf. Er geht sogar so weit, selbst zu ermitteln und ihm unbekannte Milieus zu erkunden.

Sprachlich ist dieser Roman überragend. Man hat den Eindruck, jede Formulierung, jeder Satz, jedes Wort ist genauestens geprüft und passend geschliffen worden. Der Einblick in die Gesellschaft Spaniens zu Anfang der Fünfziger Jahre ist überaus interessant. Mendoza lässt Prullas durch diverse Gesellschaftsschichten wandern, von der reichen Oberschicht über die Künstlerszene bis zu den Elendsvierteln. Jede Schicht hat ihren eigenen Klang, ihre eigene Art sich auszudrücken und sich zu verhalten. Besonders spannend sind dabei die Beamten der Ermittlungsbehörde, die es gewohnt sind, willkürlich und nach eigenem Ermessen zu arbeiten und dabei als Maßstab durchaus persönliche Zu- und Abneigungen ansetzen.
Ansonsten kann man bei der Lektüre erfahren, wie eine vom „machismo“ geleitete Gesellschaft funktioniert. Frauen sind entweder „hübsche Käferchen“, dann sind sie perfekt für den nächsten Seitensprung oder unansehnlich, dann sind sie einsetzbar als Dienstmädchen. Wenn sie in ihrer Rolle nicht wie gewünscht funktionieren, wird auch schon einmal über eine Lobotomie nachgedacht. Das ist zwar literarisch hochwertig gemacht, aber ansonsten recht wenig erbaulich.

Trotz der meisterhaften Umsetzung, der wohlgewählten Worte, der durchdachten Konstruktion, des interessanten Plots will der Funke allerdings bei mir nicht überspringen. Ich habe mich zwingen müssen, das Buch zu lesen. Das mache ich eher selten, aber in diesem Falle habe ich wirklich alles daran gesetzt, einen Einstieg zu finden. Es war ein Gefühl, als würde ich in einem Museum hinter einer Glasscheibe ausgestellte Artefakte betrachten.
Nun muss ich gestehen, dass mir spanische und lateinamerikanische Literatur häufiger nicht liegt. Ob es an der Sprachmelodie liegt, an der Umsetzung, an den Themen, ich vermag es nicht zu sagen.
Wer Sittenbilder und Gesellschaftsromane mag, und sich vielleicht sogar für Spanien in der Nachkriegszeit interessiert, der sollte zumindest einen Versuch wagen.

3 Gedanken zu “Was für ein Theater!

  1. Habe das Buch sofort auf meine Wunschliste gesetzt. Spanien zur Franco-Zeit interessiert mich sehr. Ich habe Anfang der 80er Jahre in Málaga gelebt, nach der Franco-Zeit also, aber deren Auswirkungen waren noch zu spüren – noch immer eine Guardia Civil, die die Leute gerne einschüchterte, noch immer die Geschäftemacherei von Leuten, die sich unter Franco ein Vermögen ergaunert hatten, …

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    • Dann sind sicherlich auch andere Bücher von Mendoza für Dich spannend. Er soll sich dem Thema ja gewidmet haben. Ich muss allerdings gestehen, dass ich nur dieses kenne. Ich werde aber sicherlich „Stadt der Wunder“ irgendwann lesen…

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      • Sehr schön. Ich hoffe, Du wirst darüber schreiben. Ich fange mal mit diesem hier an. Nicht nur das Thema, auch der Stil muss einem ja zusagen bzw. die Übersetzung. Ich spreche zwar auch nach so vielen Jahren noch immer leidlich Spanisch, lese spanischsprachige Schriftsteller aber kaum im Original.

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